Geschichte
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Erfahrungsweg

Wer besucht die Frauenkirche? Kirchenführer*innen erzählen

Wer besucht die Frauenkirche? Kirchenführer*innen erzählen

Ein besonderer Schatz der Frauenkirche sind die vielen Ehrenamtlichen, die sich mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten einbringen. Sie singen z. B. in den Chören, helfen am Einlass oder stehen für Seelsorgegespräche zur Verfügung. Eine weitere Gruppe sind unsere Kirchenführer*innen. Tagtäglich kommen sie ins Gespräch mit unseren Gästen. Dabei erleben sie viel und wir haben 10 von ihnen einige Fragen gestellt, deren Antworten Einblick in die bereichernde Tätigkeit geben.

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Welches Erlebnis als Kirchenführer*in ist Ihnen unvergesslich?

Ulrich Mroß-Michealis – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2018

»Tief berührt haben mich die Berichte von drei Augenzeugen, die als Kinder die Zerstörung der Frauenkirche miterlebt hatten. Solche Begegnungen sind besonders und haben sich mir tief eingeprägt. Es ist ein Geschenk, wenn Gäste der Frauenkirche so tiefe Einblicke in ihr Leben geben.«

Norbert Schöpf – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2017

»Neulich besuchte uns eine Schülergruppe aus Zentralafrika, aus Kenia. Es waren ca. 60 Kinder, vielleicht zwischen 12 und 14 Jahren alt, und ihre Lehrer. Ich habe mich etwas mit ihnen in Englisch ausgetauscht und bin dann mit ihnen in die Unterkirche gegangen. Dabei erfuhr ich, dass die Schülergruppe gleichzeitig ein Chor war.

Ich zeigte ihnen in die Unterkirche und spontan fragten sie, ob sie ein Lied singen dürfen. Die Unterkirche ist normalerweise ein Ort der Stille. Daher habe ich einen kleinen Moment überlegt. Doch schließlich sagte ich: 'Okay, ein Lied'. Ein zwölfjähriges Mädchen sang erst allein und dann mit ihr im Wechsel der ganze Chor, Jungen und Mädchen. Es war sehr, sehr berührend.

Danach sind wir wieder in die Hauptkirche gegangen. Ich habe ihnen angeboten, noch ein Lied vor dem Altar zu singen. Sie stellten sich auf und sangen ein zweites Lied. Wie haben sie sich gefreut und ich mich mit ihnen. Die ganze Kirche wurde auf einmal still und hörte zu, wie diese Kinder zusammen sangen.«

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Catalina Alenia Estio – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2023

»Es war Ende des Jahres 2023, als eher spontan eine Gruppe aus der Tagespflege eines Altenheims in die Frauenkirche kam. Ich erzählte ihnen einiges über das Gebäude und seine Geschichte, zeigte Bilder und lauschte ihren Erinnerungen. Alle hatten den Zweiten Weltkrieg überlebt und die Frauenkirche in Ruinen liegen sehen.

Wie sich am Ende des Gesprächs herausstellte, konnte eine Dame sehr schlecht sehen. Ich fragte sie, ob sie sich den Altarplatz aus der Nähe anschauen möchte. Die Dame wirkte da noch sehr still und in sich gekehrt. Als wir am Altar angekommen waren und sie alles sehen konnte, blühte sie sich förmlich. Sie begann zu lächeln und zu erzählen. Sie war so dankbar und sagte mir mit Tränen in den Augen, dass ich ihr das schönste Geschenk überhaupt gemacht hätte. Mich hat das tief berührt und auch noch einmal bestärkt in meiner Arbeit als ehrenamtliche Kirchenführerin.«

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Winfried Bauer – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2018

»Ich habe eine lustige Erfahrung gemacht. Einmal fragten mich Gäste, ob ich den Bombenangriff als Kind erlebt habe. Ich bin jedoch erst 1950 geboren, also fünf Jahre später. Da staunten sie.

Es ist für mich immer ein besonderes Erlebnis, eine Gruppe zu führen. Manchmal sind Menschen dabei, die böse schauen, aber am Ende der Führung gehen sie mit einem Lächeln und manche bedanken sich. Das zeigt mir, dass ich alles richtig gemacht habe. Das ist immer ein sehr schöner Moment.«

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Sabine Lämmel – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2022

»Ich habe mal eine Familie geführt, die für die Frauenkirche gespendet hat. Der Vater hatte, vermutlich mit einem recht hohen Betrag, eine Steinpatenschaft übernommen. Den Stein habe ihnen in der Unterkirche gezeigt und ihnen dann ausführlich die Frauenkirche erklärt. Später haben sie eine E-Mail an die Stiftung geschrieben und u. a. erwähnt, dass das Beste an ihrem Dresden-Besuch die Führung in der Frauenkirche war. Ich glaube, es ging uns allen so: Wenn man Menschen begegnet, erlebt man immer etwas, das einen beeindruckt, und das ist sehr gut.«

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Gisela Domagk – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2018

»Einmal hatte ich eine ältere Dame mit ihren Kindern und ihrer Partnerin in der ersten Reihe sitzen. Wir kamen ins Gespräch und dabei stellte sich heraus, dass es der 90. Geburtstag dieser Dame war. Sie erzählte mir, dass sie aus den ehemaligen Ostgebieten Deutschlands stammt, aus denen sie nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden. Sie waren Flüchtlinge und lebten damals in Dresden. Am 13. Februar 1945 wurden sie mittags nach Meißen verlegt. Von dort aus sahen sie abens das brennende Dresden. Es war ihr innigster Wunsch, an ihrem 90. Geburtstag in die wieder aufgebaute Frauenkirche zu kommen und Gott dafür zu danken, dass sie damals alles überlebt hat.«

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Franca Funke – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2018

»Einmal beschwerten sich die Tochter einer ältere Dame im Rollstuhl darüber, dass es keinen Rollstuhlzugang zu den Emporen und der Krypta gibt. Ich ging zu ihnen und wir sprachen ein wenig.

Die Seniorin erzählte, dass sie aus Berlin angereist seien. Sie sei über 90 Jahre alt und habe immer die Frauenkirche sehen wollen, bevor sie stirbt. Sie erzählte mir von ihren Kriegserfahrungen, dass sie während der Bombenangriffe in Berlin als Kind zwei Tage und Nächte lang in Trümmern eingeschlossen gewesen war und nicht wusste, ob sie überleben würde. Obwohl die wiederaufgebaute Frauenkirche ein so weit entferntes Ziel war, war es der Ort, den sie unbedingt besuchen wollte. Und tatsächlich nahm sie alle Strapazen auf sich – Reisen ist nicht einfach im Rollstuhl. Ihr zuhören hat mich tief berührt.

Ursprünglich war es die Beschwerde ihrer Tochter über den fehlenden Rollstuhlzugang, die uns ins Gespräch brachte. Diesen konnte ich ihr leider auch nicht bieten. Aber wir drei haben dennoch eine sehr besondere Begegnung erlebt.«

Hat der Erfahrungsweg deinen Aufenthalt in der Frauenkirche bereichert?

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