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Erfahrungsweg

Was verbindet Sie mit der Frauenkirche? Kirchenführer*innen erzählen

Was verbindet Sie mit der Frauenkirche? Kirchenführer*innen erzählen

Unsere Kirchenführer*innen engagieren sich Tag für Tag im Ehrenamt für die Frauenkirche. Sie sprechen mit zahlreichen Gästen und erfahren deren Beweggründe für den Besuch, beantworten geduldig Fragen und vermitteln voller Leidenschaft die Botschaft dieses Ortes Doch was ist ihre persönliche Verbindung zur Frauenkirche? Wir haben nachgefragt.

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Was ist ihre früheste Erinnerung an die Frauenkirche?

Gisela Domagk – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2018

»Das geht ganz weit in meine Jugend zurück. Meine Oma war Dresdnerin. Von ihr bekam ich eine Postkarte aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Da war die Silhouette der Stadt Dresden drauf – mit der Frauenkirche vor der Zerstörung. Diese Karte habe ich mir einrahmen lassen. Sie hing die ganze DDR-Zeit in meinem Wohnzimmer.«

Norbert Schöpf – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2017

»Ich kenne die Ruine der Frauenkirche seit 1975, seit Beginn meines Studiums. In den 1970er und 80er Jahren gab es zum Gedenken der Zerstörung von Dresden am 13. Februar 1945 in der Kreuzkirche abends eine Andacht. Wir jungen Leute sind nach diesen Andachten von der Kreuzkirche zur Ruine der Frauenkirche hinübergegangen und haben dort Kerzen aufgestellt, im Stillen gebetet und der Zerstörung und der Opfer gedacht.«

Ulrich Mroß-Michealis - ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2018

»Ich wurde im nördlichen Münsterland geboren. Anfang der 1990er Jahre war ich beruflich erstmals im polnischen Kattowitz. Bei dieser großen Entfernung legten meine Kollegen und ich hier, bei Dresden, eine Station ein. So habe ich den Osten Deutschlands unmittelbar nach der politischen Wende kennengelernt. Vieles hat mich sehr berührt.

Ich habe die Ruine der Frauenkirche in Dresden gesehen und auch die Art der Menschen in Sachsen erlebt: positiv denkend, freundlich und zuvorkommend. Daraufhin bin ich fast jedes Jahr für ein langes Wochenende nach Dresden gekommen. Ich habe mir die Stadt, die Gegend und das Land angeschaut. So konnte ich auch miterleben, wie die Frauenkirche wieder aufgebaut wurde: Stück für Stück, Abschnitt für Abschnitt. Auch zu den besonderen Anlässen reiste ich nach Dresden: zur Übergabe des Turmkreuzes, zum Aufsetzen der Turmhaube und zur Glockenweihe zum Beispiel. So entstand allmählich eine besondere Verbindung zur Frauenkirche und zu Dresden.«

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Kannten Sie die Frauenkirche vor Ihrem Besuch?

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Wie entstand Ihre persönliche Beziehung zur Frauenkirche?

Gisela Domagk – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2018

»Bei mir begann es mit der Glockenweihe 2003. Schon zuvor hatte ich natürlich den Baufortschritt verfolgt, besuchte Konzerte in der Unterkirche, als die Kirche noch im Bau war. Und dann kam 2005: das 1. Konzert nach der Weihe. Es gab ja keine Karten, alles war ausverkauft.

Doch als mein Lebensgefährte bei der Stiftung nachfragte, weil auch meine Tochter zu Besuch war, konnten wir drei zurückgegebene Karten bekommen. Sie waren genau auf der Empore, auf die wir heute mit unseren Gästen gehen, um ihnen den Altar aus der Nähe zu zeigen.

Natürlich war ich vorher noch nie im Hauptraum der Frauenkirche gewesen. Der unmittelbare Anblick des Altars war so überwältigend und tief beeindruckend, sodass mich diese Emotionen bis heute begleiten. Jedes Mal, wenn ich hier bin, erinnere ich mich daran.«

Winfried Bauer – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2018

»Ich war erst gegen den Wiederaufbau der Frauenkirche, weil mir die Ruine als Mahnmal wichtig war. Dann aber, als die Planungen begannen, bekam ich beruflich damit zu tun. So entstand zunächst eine dienstliche Verbindung.

Ich bin Brandschutzingenieur und arbeitete von 1993 bis 2005 an dem Bauwerk mit – und bin ihm auch heute noch in dieser Funktion verbunden. Wenn die Kirchbauverwaltung ein Brandschutzthema hat, stehe ich mit Rat und Tat zur Seite.«

Ramona Offermann – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2016

»Einmal im Jahr werden Ehepaare, die 10 Jahre zuvor in der Frauenkirche getraut wurden, zu einem Gottesdienst mit Traujubiläum eingeladen. Das brachte mich auf die Idee, meinen beiden Töchtern und ihren Ehemännern zum 10. Hochzeitstag ein besonderes Geschenk zu machen: Beide Paare wurden zu ihren 10. Ehejubiläen von der Familie mit einer symbolischen Steinpatenschaft bedacht.

Ich habe zwei leicht auffindbare Gewölbesteine in der Unterkirche direkt neben der Kreuzaufhängung über dem Altar ausgewählt und die Beschenkten damit echt überraschen können.

Meine Töchter leben mit ihren Familien nicht mehr in der Stadt, sie haben mittlerweile an anderen Orten Heimat gefunden, doch ihre Wurzeln haben sie in Dresden. Sie sind hier geboren und aufgewachsen in der Zeit, in der auch die Frauenkirche wieder zu alter Schönheit 'wuchs' und zu einem lebendigen Ort des Friedens und der Versöhnung wurde.

Gibt es ein schöneres und treffenderes Symbol für die Verbundenheit mit Dresden als einen Stein in der Frauenkirche? Als Familie konnten wir auf diese Weise zudem einen kleinen finanziellen Beitrag für den Bauerhalt und das vielfältige Angebot in diesem wunderbaren Gotteshaus leisten.«

Franca Funke – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2018

»Vor einigen Jahren las ich in der Zeitung ein Interview mit einem älteren Kirchenführer der Frauenkirche. Er sprach leidenschaftlich über sein Ehrenamt und erzählte von einem ergreifenden Moment: Eine Gruppe syrischer Besucher war zu Tränen gerührt gwesen, als sie das Altarbild mit dem knieenden Jesus vor seiner Verhaftung sahen – eine einzigartige Darstellung, die so in wenigen Kirchen zu finden ist.

Inspiriert von diesem Artikel setzte ich mich mit Dr. Anja Häse von der Stiftung Frauenkirche Dresden in Verbindung, um mich zu erkundigen, wie ich selbst Kirchenführerin werden könnte. Wir fanden einen Weg. Ich konnte Siegfried Sachse, einen sehr erfahrenen Kirchenführer, bei seinen Diensten begleiten. Ich habe sehr viel von ihm gelernt. Er konnte z. B. alle Fragen englischsprechender Gäste beantworten, und ich konnte übersetzen.

So fühlte ich mich von Anfang an am richtigen Platz. Ich durfte bei verschiedenen Kirchenführer*innen hospitieren, die Probeführung ablegen und immer noch weiter lernen. Auch heute, Jahre später, merke immer wieder neu, welch tiefgreifende Wirkung der Raum häufig auf Besucher aus aller Welt hat.«

Jürgen Kecke – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2002

»Der Prozess des Wiederaufbaus war für uns spannend. Jede Woche etwas anderes, ständig veränderte sich etwas! Ich kam dazu, als gerade die Kuppel gebaut wurde. Es war faszinierend zu erleben, wie sie in die Höhe wuchs.

Jetzt ist die Kirche fertig, es gibt keine Veränderungen mehr. Aber das macht es nicht langweilig. Die Menschen, die zu uns kommen und ihre Fragen stellen, halten es interessant. Es gibt Fragen, die sind immer gleich, aber dann kommen auch Menschen mit Fragen, über deren Antworten man erst einmal nachdenken muss.

Es kommen ja nicht nur evangelisch-lutherische Gäste, sondern auch römisch-katholische, Muslime und Atheisten. Wenn man ins Gespräch kommt, wenn es nicht bloß drei Fragen sind und sie dann gleich wieder gehen, sondern wenn ein richtiges Gespräch entsteht, dann bekommt man auch selbst Informationen, die man zuvor nicht hatte. Dadurch wird es nie langweilig.«

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Was bedeutet für Sie Versöhnung - eine Botschaft, die der Frauenkirche wichtig ist?

Catalina Alenia Estio – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2023

»Ich bin sehr dankbar, dass der Wiederaufbau der Frauenkirche möglich war: in dem Land, von dem der Weltkrieg ausging und der so viele Opfer forderte. Die Spenden für den Wiederaufbau kamen aus der ganzen Welt. Das zeigt mir, dass Versöhnung möglich ist und die Liebe zur Kirche oder auch zum Glauben stärker ist als all der Hass und die Zerstörung.

Krieg bringt nur Zerstörung und Opfer überall. Dort wird es nie Gewinner geben. Versöhnung und Frieden jedoch bringen Menschen aus aller Welt zusammen. Das ist ein riesengroßer Gewinn. Ohne den Wiederaufbau und diese Kirche hätte ich meinen Weg zum Glauben wahrscheinlich nie gefunden. Der Glaube an Gott und die Kraft, die ich daraus ziehen kann, sind Teil meiner Identität geworden. Ohne all das wäre mein Leben anders verlaufen.«

Franca Funke – ehrenamtliche Kirchenführerin seit 2018

»Versöhnung hat für mich viele Facetten. Die Frauenkirche macht hier ja ganz unterschiedliche Angebote. So gibt es für schwangere Frauen zum Beispiel ein- oder zweimal im Jahr eine Segnung. Wenn Frauen in der Kirche vor der Entbindung den Segen Gottes zugesprochen bekommen, werden sie sich vermutlich diese positive Erfahrung bewahren, selbst wenn sie nicht Mitglied dieser Kirche sind. Es gibt auch Veranstaltungen für Eltern, die ein Kind verloren haben, so dass für sie ein Ort der Trauer da ist. Wenn sie von anderen Menschen begleitet werden, die ebenfalls ein Kind verloren haben, fühlen sie sich weniger allein. Das kann hilfreich sein im Umgang mit Schmerz.

Es ist eine sehr gute Sache, besondere Angebote für spezielle Anliegen zu machen. Das hilft den betroffenen Menschen, ihren Weg und ihren Platz im Leben zu finden.«

Jürgen Kecke – ehrenamtlicher Kirchenführer seit 2002

»Die Menschen hier lieben ihre Stadt, und ich denke, diese Liebe drückt sich auch in der Haltung zur Frauenkirche aus. Die Gäste kommen immer wieder nach Dresden und besuchen neben der evangelischen Frauenkirche auch die katholische Kathedrale. Daraus entstehen Fragen über die Unterschiede im Christentum – eine spannende Diskussion! Solche Fragen sind für beide Seiten gut und wichtig, denn sie gehen weit über die Architektur hinaus. Sie betreffen ganz allgemien das Christentum in seinen unterschiedlichen Formen und Haltungen.

Es ist gut, wenn verschiedene Konfessionen miteinander ins Gespräch kommen. Orte wie die Frauenkirche sind dafür gut und wichtig, weil man sich hier austauschen und auseinandersetzen kann. Ob man die Meinung des Gegenübers dann übernimmt oder sich zum Nachdenken angeregt fühlt, steht auf einem anderen Blatt. Aber man nähert sich durch das Gespräch einander an. Wenn das schon innerhalb einer Stadt wirkt, ist es gut. Es muss nicht immer die ganze Welt sein.«

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Wussten Sie, dass die wiederaufgebaute Frauenkirche ein Symbol der Versöhnung ist?

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